Große Wiener Spitalsumfrage – Teil 3: Personalflucht aus Wiens Spitälern droht
Zwei Drittel der Spitalsärztinnen und -ärzte denken regelmäßig an Kündigung – Ferenci: „Die Stadtregierung muss jetzt handeln, sonst stehen unsere Spitäler bald leer“
Wiens Spitalsärztinnen und -ärzte blicken pessimistisch in die Zukunft. Das zeigt Teil 3 der großen, mehrteiligen Wiener Spitalsumfrage unter Tausenden Spitalsärztinnen und -ärzten von Markt- und Meinungsforscher Peter Hajek. „Zwei Drittel der befragten Ärztinnen und Ärzte denken regelmäßig an Kündigung. Wenn die Wiener Stadtregierung jetzt nicht handelt, stehen unsere Spitäler bald leer“, kommentiert der Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, Stefan Ferenci, die Ergebnisse.
„Die Ergebnisse der Umfrage zeigen die negative Stimmung unter Wiens Spitalsärztinnen und -ärzten, wenn es um die Zukunft ihres Berufs als angestellte Ärztinnen und Ärzte geht. So gut wie niemand erwartet eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen oder der Arbeitsbelastung. Im Gegenteil: In etwa die Hälfte der Befragten erwartet sogar eine Verschlechterung im nächsten Jahr“, erklärt Hajek. Dass sogar zwei Drittel der Befragten regelmäßig an Kündigung denken, sei „alarmierend“.
Die Ergebnisse im Detail:
91 Prozent der befragten Spitalsärztinnen und -ärzte erwarten, dass sich
die Arbeitsbelastung perspektivisch nicht verbessert, 55 Prozent erwarten sogar eine noch höhere Arbeitsbelastung.
90 Prozent sehen für die Zukunft keine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, 48 Prozent erwarten gar eine weitere Verschlechterung.
90 Prozent der Befragten verstehen, dass Pflegekräfte in
Wiens Spitälern kündigen.
88 Prozent verstehen, dass in Wiens Spitälern Ärztinnen und Ärzte
kündigen und das Spital verlassen.
67 Prozent der befragten Spitalsärztinnen und -ärzte denken immer wieder, häufig oder andauernd daran, das Spital zu verlassen.
Wohin wollen Ärztinnen und Ärzte wechseln?
- 48 Prozent denken an eine Zukunft als niedergelassene Wahlärztin bzw. -arzt.
- 30 Prozent wollen sogar die Branche wechseln.
- 23 Prozent überlegen, in ein anderes Bundesland oder ins Ausland zu gehen.
- 22 Prozent denken an ein Leben als niedergelassene Kassenärztin bzw. niedergelassener Kassenarzt.
Öffentliches Gesundheitssystem wird zunehmend unattraktiver
„Jeder Arbeitgeber, dem von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein so verheerendes Zeugnis ausgestellt wird, muss sich überlegen, was er tun kann, um die Mitarbeiterzufriedenheit zu heben beziehungsweise die Beschäftigten zu halten. Das rate ich auch dem WiGeV und den anderen Wiener Spitalsbetreibern dringend an. Wegducken und den Kopf in den Sand stecken, so wie es aktuell im WiGeV bei den Gefährdungsanzeigen großteils praktiziert wird, wird das Problem jedenfalls nicht lösen“, so Ferenci.
Wenn man sich ansehe, wohin Spitalsärztinnen und -ärzte wechseln wollen, werde zudem deutlich, was die Ärztekammer seit Jahren kritisiert: „Das öffentliche Gesundheitssystem wird für die Beschäftigten zunehmend unattraktiver. Die Kolleginnen und Kollegen haben es satt, Patientinnen und Patienten wie am Fließband abfertigen zu müssen. Das entspricht – zu Recht - nicht ihrem medizinischen Versorgungs- und Behandlungsanspruch. Und auch eine sozialdemokratische Stadtregierung sollte sich nicht damit abfinden, dass die hohen Standards im öffentlichen Gesundheitswesen schrittweise abgebaut werden“, ist Ferenci überzeugt und führt aus: „Mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten – das ist das, was sich alle Beschäftigten im Gesundheitswesen am meisten wünschen. Und nicht nur das: Mehr Zeit ist auch eine Notwendigkeit im Sinne der Patientensicherheit. Ich möchte also an Stadtrat Peter Hacker appellieren, ein Stück des Weges gemeinsam mit der Wiener Ärztekammer zu gehen und die Spitalsversorgung für die Wiener Bevölkerung wieder auf ein solides Fundament zu stellen“, so Ferenci.
Hintergrund: Die Ärztekammer für Wien hat eine große Spitalsumfrage in Auftrag gegeben, um den Wienerinnen und Wienern ein möglichst detailgenaues Bild von der Lage in Wiens Spitälern geben zu können. Beauftragt wurde Peter Hajek Public Opinion Strategies, insgesamt haben 1.894 Spitalsärztinnen und -ärzte an der Studie teilgenommen. „Die Stichprobe ist repräsentativ und besitzt mit der aufgezeigten Rücklaufquote eine hohe Validität“, erklärt Peter Hajek, Geschäftsführer von Public Opinion Strategies, der auch betont: „Die Ergebnisse sind eindeutig, es besteht kein Zweifel an der Stimmung unter Wiens Spitalsärztinnen und -ärzten.“ (rp)
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