Schieds- und Schlichtungsverfahren
Die Ärztekammer für Wien hat gemeinsam mit dem Versicherungsverband Österreich (VVO) und den Vertretern der Wiener Krankenhäuser (Wiener Gesundheitsverbund, Verband der Privatkrankenanstalten, Ordensspitäler) die Neugestaltung des Schlichtungsverfahrens in Zusammenhang mit strittigen Honoraren (Sonderklasse- und Belegarzthonorare) ausgearbeitet, mit dem Ziel, langen Wartezeiten zu verhindern, die Anzahl der strittigen Fälle zu minimieren, die Ärzt*innen besser einzubinden und rasch und kostengünstig rechtskräftige Entscheidungen für die strittigen Fälle zu finden.
Hintergrund ist, dass das bisherige Schlichtungsverfahren ineffizient war, lange gedauert hat und sich die Ärzt*innen nicht unmittelbar in die Entscheidungsfindung einbringen konnten. Nach der Schlichtung wäre zudem der Weg zu den ordentlichen Gerichten offen gestanden, was in Anbetracht der zu erwartenden Anwalts- und Gerichtskosten in Relation zu den Streitwerten im Einzelfall auch in keinem Risiko/Nutzen Relation stand.
Die Schieds- und Schlichtungsverfahren werden im Rahmen der neuen Schieds- und Schlichtungsinstitution abgewickelt, deren Träger die Ärztekammer für Wien und die zuvor genannten Verhandlungspartner sind. Die „Schieds- und Schlichtungsordnung für Ansprüche von Ärzten und Krankenanstalten aus Direktverrechnungsvereinbarungen gegen im Versicherungsverband Österreich vertretene Versicherungsunternehmen“ (Schieds- und Schlichtungsinstitution für Direktverrechnungsansprüche) stellt das Regelwerk dieser neuen Schieds- und Schlichtungsinstitution dar.
Konkret sieht das neue Verfahren vor, strittige Fälle zunächst auf trilateraler Ebene im Rahmen von Streitbeilegungssitzungen im jeweiligen Krankenhaus zwischen Versicherungen, Krankenhaus und Ärzteschaft des Hauses (Primar- oder Belegärzte) zu verhandeln (sog. „Hausschlichtungen“). Das Schlichtungsverfahren wird über Antrag des*der betroffenen Ärzt*in bzw des jeweiligen Trägers der Krankenanstalt an die Schieds- und Schlichtungsinstitution in der Ärztekammer für Wien eingeleitet. Die Ärztekammer für Wien nimmt im neuen Verfahren nunmehr eine beratende bzw. beobachtende Rolle ein, behält jedoch zugleich weiterhin ihre Funktion als Geschäftsstelle, damit die Ärzt*innen weiterhin alle Informationen von ihrer Standesvertretung erhalten.
Ein wesentlicher Aspekt der zugrundenliegenden Neugestaltung des Schlichtungsverfahrens besteht darin, dass die betroffenen Ärzt*innen erstmals in den Prozess eingebunden werden und die Möglichkeit erhalten Ihre Fälle nicht nur selbst zu kommentieren bzw. sondern auch auf eigenen Wunsch zu verhandeln. Die Einladung zur Teilnahme an einer Hausschlichtung erfolgt im Wege des der ärztliche*n Direktor*in des jeweiligen Krankenhauses. Der*dem betroffenen Ärzt*in steht es dabei frei, an der Sitzung selbst teilzunehmen, oder sich durch den*die ärztliche*n Direktor*in oder eine*n andere*n bevollmächtigte*n und zum Abschluss einer Schlichtungsvereinbarung berechtigten Ärzt*in vertreten zu lassen. Im Zuge dieser multilateralen Gespräche im Rahmen einer Hausschlichtung sollen, einerseits, Verständnisproblem hinsichtlich der Vertragsgestaltung bzw. der Verrechenbarkeit beiseite geräumt sowie, andererseits, eine schnellere Bearbeitung der Fälle erzielt werden.
Die Hausschlichtung bleibt ein außergerichtlicher Schlichtungsversuch, wo es für alle Parteien keinen Einigungszwang gibt. Für jene Fälle, bei denen im Rahmen einer Hausschlichtung keine Einigungen erzielt werden kann, wurde als zweite Instanz ein Schiedsgericht gemäß den Bestimmungen der Zivilprozessordnung installiert, das ein ordentliches Gericht substituiert. Durch diese Vorgehensweise müssen strittige, ungeschlichtete Fälle nicht mehr vor einem ordentlichen Gericht verhandelt werden, sondern können im Rahmen dieses Schiedsgerichtes, unter Vorsitz eines Schiedsrichters (Einzelrichter), abgehandelt werden. Dies bringt den Vorteil eines schnelleren und kostengünstigeren Verfahrens, das dennoch mit einer verbindlichen richterlichen Entscheidung beendet wird. Die Einzelrichter sind objektiv und agieren wie Richter in einem Gerichtsverfahren und werden von Versicherungen, Ärztekammer und Krankenanstalten ausgewählt. Damit die Verfahren auch objektiv und unabhängig abgewickelt werden, wird gemäß dem Vorbild vergleichbarer Schiedseinrichtungen auch ein gemeinsam ausgewählter Präsident unabhängig und weisungsfrei die Abwicklung überwachen.
Ein Schiedsverfahren wird durch Stellung eines Antrages durch die jeweilige Krankenanstalt bzw. den*die jeweilige*n Ärzt*in eingeleitet, wobei, wie bisher, Ansprüche von Ärzt*innen auch im Weg von Krankenanstalten eingereicht werden können.
Die Kosten des Schiedsverfahrens sind in der Schieds- und Schlichtungsordnung geregelt und werden grundsätzlich nach dem Obsiegensprinzip den Parteien, die das Verfahren verloren haben, angelastet.