Presseaussendungen

Spitalsärzte-Kongress beleuchtet Multimorbidität des Gesundheitswesens

 

Spitalsärzte-Kongress beleuchtet Multimorbidität des Gesundheitswesens

Internationale und nationale Experten diskutierten aktuelle Probleme – Weismüller: „Versorgung aufgrund von Demografie schon bald am Limit"

Heute, Freitag, versammelten sich renommierte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und dem Gesundheitswesen im Rahmen des „Wiener SpitalsärztInnenkongresses 2019" im Wiener Museumsquartier, um auf Einladung der Wiener Ärztekammer über die brennenden Themen im Gesundheitsbereich in Wien und Österreich zu diskutieren.

„Gerade die Themen Gesundheitsversorgung, insbesondere das Schnittstellenmanagement und der Umgang mit der sich stetig verändernden demografischen Entwicklung, stellen unsere Entscheidungsträger vor große Herausforderungen", stellte Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres in seiner Eröffnungsrede fest. Deshalb werde man im Rahmen des Kongresses auch Lösungsansätze aus benachbarten Ländern beleuchten und so einen gemeinsamen Blick über den gesundheitspolitischen Tellerrand wagen.

„Vor allem in Wien brauchen wir raschest Lösungen für die Probleme im Gesundheitssystem", so die Forderung von Kongress-Gastgeber Wolfgang Weismüller, Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer für Wien, in Richtung Gesundheitsstadtrat Peter Hacker, der ebenfalls am Kongress teilgenommen hat. Weismüller: „Die Spitäler und deren Personal arbeiten am Limit, die Ärzteschaft braucht sofort Maßnahmen zur Entlastung."

Zurecht könne man laut Szekeres in Österreich „stolz auf das solidarische Gesundheitssystem" sein, das Niveau der Krankenversorgung sei „ein sehr hohes - und so sollte es auch bleiben". Durch die wachsende, alternde und vermehrt multimorbide Gesellschaft würden aber auch die Ansprüche an eine ausgeglichene Gesundheitsversorgung steigen. Die Situation werde daher immer schwieriger, was ein „Gegensteuern dringend notwendig" mache.

Wissenschaft sieht Konnex zwischen Überalterung und Versorgung

Die Ärztin und Gesundheitswissenschafterin Franziska Prütz vom Berliner Robert-Koch-Institut untersuchte den von der Ärztekammer oftmals angesprochenen Zusammenhang zwischen Gesundheitsversorgung und dem demografischen Wandel. „Die größte Dynamik in der Entwicklung wird für die Jahre um 2030 erwartet, wenn die geburtenstärksten Jahrgänge - die sogenannten Baby-Boomer - 70 Jahre alt und älter werden", so Prütz in ihrem Vortrag. Verstärkt werde die demografische Alterung durch das niedrige Geburtenniveau und die steigende Lebenserwartung.

„Die demografische Alterung der Gesellschaft hat auch Folgen für die Krankheitsentwicklung und den Versorgungsbedarf", erklärt Prütz weiter. Das Krankheitsspektrum hätte sich demnach in den letzten 100 bis 150 Jahren deutlich verändert und sei gegenwärtig stark von nicht übertragbaren, chronischen Krankheiten geprägt. Zu diesen würden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes mellitus, Arthrose und Osteoporose gehören.

Mit dem Alter nehme die Prävalenz an chronischen Erkrankungen zu, so Prütz, und mit den steigenden Erkrankungszahlen bei alten und hochaltrigen Menschen würden auch der Versorgungs- und der Pflegebedarf steigen. Laut Prütz würden derzeit in Deutschland in etwa 94 Prozent der über 65-Jährigen innerhalb eines Jahres ambulante ärztliche Versorgung in Anspruch nehmen, 26 Prozent haben zumindest einen Aufenthalt im Krankenhaus.

Dabei geht für Prütz die demografische Entwicklung auch mit einem Rückgang an Pflegekräften sowie Ärztinnen und Ärzten einher, insbesondere in ländlichen Regionen. Allerdings sei die demografische Entwicklung nicht allein bestimmend für den Versorgungsbedarf; hierfür würden auch nicht demografische Faktoren, wie zum Beispiel Früherkennungsuntersuchungen und neue Therapiemöglichkeiten, eine Rolle spielen.

Für Weismüller sind die deutschen Ergebnisse auch auf Wien und Österreich „sehr gut übertragbar". „Wien allein ist in den letzten zehn Jahren um die Einwohnerzahl von Linz gewachsen, in den nächsten zehn Jahren geht ungefähr ein Drittel aller Wiener Spitalsärzte in Pension", stellt Weismüller die Zahlen gegenüber, denn 33,5 Prozent der Spitalsärzte in Wien würden bis 2028 ihr Pensionsalter erreichen. „Unsere Zahlen und jene der Wissenschaft sind damit deckungsgleich und nicht bloßer Alarmismus, so wie das gerne von politischer Seite bezeichnet wird", betont Weismüller. (ast)

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