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Wie Österreich darmkrebsfrei werden kann

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Wie Österreich darmkrebsfrei werden kann

Anlässlich des Darmkrebs-Monats machen die Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien und die Selbsthilfe Darmkrebs auf die Bedeutung der Darmgesundheit aufmerksam

„Die Diagnose Darmkrebs zieht dir den Boden unter den Füßen weg. Mir wurde auf einen Schlag bewusst: Das Leben ist endlich.“ So schildert Nadja Bauer ihre Gedanken, als sie im Februar 2024 den Befund ihrer Darmspiegelung erhalten hat. Mittlerweile ist sie tumorfrei. Bei keiner anderen Krebsart können so viele Erkrankungen und Todesfälle durch konsequente Früherkennung vermieden werden wie beim Darmkrebs. Immer noch besteht massiver Aufholbedarf, da aufgrund von unbegründeten Ängsten und Vorurteilen die Untersuchungen zu wenig in Anspruch genommen werden. Die Darmspiegelung (Koloskopie) ist die wichtigste medizinische Untersuchung zur Früherkennung von Darmkrebs. Die Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien und die Selbsthilfe Darmkrebs wollen Awareness für eine bessere Darmgesundheit schaffen. Helga Thurnher, Präsidentin der Selbsthilfe Darmkrebs, und Katayoun Tonninger-Bahadori, Fachärztin für Allgemein- und Viszeralchirurgie, sprechen über die Bedeutung der Früherkennung. Nadja Bauer ermutigt mit ihren eigenen Erfahrungen die Menschen zur Vorsorge. Ein Schritt, der Leben retten kann.

Über die Vorsorgeuntersuchung

Ab dem vollendeten 50. Lebensjahr kann im Abstand von zehn Jahren kostenlos eine Koloskopie als Vorsorgeuntersuchung zur Früherkennung von Darmkrebs in Anspruch genommen werden. Die Übernahme der Kosten ist ohne Zuweisung nur möglich, wenn in den letzten zehn Jahren keine Koloskopie in Anspruch genommen wurde und die Koloskopie durch speziell qualifizierte Fachärztinnen und -ärzte für Innere Medizin bzw. Chirurgie durchgeführt wird. Die Hausärztin oder der Hausarzt kann die Patientin oder den Patienten direkt und altersunabhängig jederzeit zu einer Darmspiegelung überweisen, wenn unklare Beschwerden vorliegen. 

Für ein zuverlässiges Untersuchungsergebnis muss der Darm einige Tage vor der Koloskopie durch eine abgestimmte Ernährung und die Einnahme einer Spüllösung gereinigt werden.

Die Koloskopie ist dank Sedierung schmerzfrei und wird in Wien ebenso von der Kasse übernommen. Es wird ein Koloskop – ein flexibler Schlauch mit einem Videochip – eingeführt und damit die gesamte Dickdarmwand untersucht. Das Koloskop ermöglicht auch kleine Eingriffe wie die Entnahme von Gewebeproben und das Entfernen von Polypen. Die Untersuchung dauert 20 bis 40 Minuten. Nach einer etwa halbstündigen Überwachungsphase kann die Ordination verlassen werden. 

Zahlen und Fakten zur Darmkrebsvorsorge:

  • Darmkrebs ist die zweithäufigste Krebserkrankung in Europa. Laut Statistik Austria ist Darmkrebs die dritthäufigste Krebsneuerkrankung bei Frauen und Männern in Österreich.
  • 2020 waren rund 62 von 100.000 Männer und 38 von 100.000 Frauen von eine Krebsneuerkrankung im Dickdarm und Enddarm in Österreich betroffen. Insgesamt lebten 2020 44.745 Personen in Österreich mit der Diagnose Darmkrebs.  
  • Ab dem 50. Lebensjahr kann in Österreich die kostenlose Darmspiegelung (Koloskopie) zur Früherkennung von Darmkrebs in Anspruch genommen werden. Die regelmäßige Untersuchung ist wichtig, um frühzeitig Darmkrebs und seine Vorstufen zu erkennen, dies erhöht auch Heilungschancen.
  • Personen, die besonders gefährdet sind, sollten schon ab dem 40. Lebensjahr eine Darmspiegelung machen lassen. Dazu gehören unter anderem Personen mit einer genetischen Erkrankung, die mit einem stark erhöhten Risiko für Darmkrebs einhergeht (familiäre adenomatöse Polypose oder Personen mit einer chronischen Darmerkrankung wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn).
  • Im Zuge einer Früherkennungsuntersuchung wird gezielt nach einer Krankheit gesucht, während noch keine Beschwerden vorliegen. Darmkrebs kann über längere Zeit unbemerkt bleiben ohne spürbare Probleme zu verursachen.
  • Bei etwa 5 von 1.000 beschwerdefreien untersuchten Personen wird Darmkrebs entdeckt.
  • 96,3 Prozent der Menschen, die erstmals die Diagnose Darmkrebs erhalten, sind über 50 Jahre alt.
  • Über 90 Prozent der Darmkrebserkrankung entstehen aus gutartigen Polypen, die innerhalb eines Zeitraums von 10 bis 15 Jahren entarten können. Diese Polypen können im gutartigen Zustand während der Darmspiegelung schmerzlos entfernt werden. 

Katayoun Tonninger-Bahadori: „Zum Thema Darmkrebsvorsorge habe ich gleich zwei erfreuliche Nachrichten: Darmkrebs ist vermeidbar. Und die zweite gute Nachricht ist: Die Vorsorgeuntersuchung ist viel stressfreier, als die meisten glauben. Die Vorsorge ist essenziell für unsere Darmgesundheit. Mit einer Darmspiegelung können frühzeitig Vorstufen zum Darmkrebs erkannt und entfernt werden. Damit kann die Entstehung des Darmkrebses ganz verhindert werden. Die Darmspiegelung erkennt zu fast 100 Prozent Vorstufen zum Darmkrebs und läuft für die Patient*innen praktisch schmerzfrei ab. Ab 45 Jahren sollten alle Menschen die Vorsorgeuntersuchung in Anspruch nehmen. Das ist auch die klare Empfehlung, denn Darmkrebs wird immer jünger. Nichts zu spüren, ist kein Beleg für die Darmgesundheit, erst die Darmspiegelung verschafft mir Gewissheit. Uns ist wichtig, dass der Darmkrebs nicht nur der ‚vermeidbare Krebs’ ist, sondern dank der Vorsorgeuntersuchung auch der vermiedene Krebs wird.“

Helga Thurnher: „Die rechtzeitige Vorsorgeuntersuchung kann gerade beim Darmkrebs Leben retten. Die niederschwellig zugängliche kostenlose Vorsorge kann den Erkrankten und ihren Familien viel Leid ersparen. Wichtig ist, die Hemmschwelle vor der ersten Koloskopie zu überwinden. Die Untersuchung selbst ist dank Sedierung praktisch schmerzlos. Der Angst vor einer positiven Diagnose kann entgegengehalten werden, dass die frühzeitige Erkennung ausgezeichnete Heilungschancen bringt. Wenn man etwas spürt, ist es oftmals schon zu spät. Aktuell beobachten wir eine gefährliche Entwicklung: Die Darmkrebspatient*innen werden jünger, während die Menschen gleichzeitig immer älter werden, d.h. das Zeitfenster, in dem Darmkrebs ausbrechen kann, wird immer größer. Mein Wunschtraum ist, dass Österreich darmkrebsfrei wird.“

Nadja Bauer: „Als ich im Februar 2024 die Diagnose Darmkrebs erhielt, hat es mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Mir wurde auf einen Schlag bewusst: Das Leben ist endlich. Nach meiner Operation, bei der mir 30 Zentimeter vom Dickdarm entfernt wurden und einer Chemotherapie, die sich über ein halbes Jahr erstreckte, bin ich jetzt wieder tumorfrei. Auch wenn der Weg nicht leicht war, möchte ich allen Betroffenen Mut machen. Eine Darmkrebsdiagnose ist dank der Fortschritte in der Medizin, gerade auch im Bereich der Früherkennung, kein Todesurteil. Die Koloskopie, mein Operateur und mein behandelnder Arzt haben mir das Leben gerettet.“